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Beurteile nicht nach der Herkunft

  • Autorenbild: Martin Orthuber
    Martin Orthuber
  • vor 17 Stunden
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 14 Minuten

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„Don’t judge species on their origins“ – beurteile Arten nicht nach ihrer Herkunft.


Kaum ein Satz fasst den Vortrag von Dr. Vincent Fehr bei den Gehölz- und Staudentagen 2025 so treffend zusammen. Unter dem Titel „Novel Ecosystems – Einfluss und Bedeutung nicht-heimischer Pflanzen bei der Entstehung neuer Ökosysteme“ zeigte der Schweizer Ökologe, wie stark sich unser Blick auf Pflanzen im Klimawandel verändern muss.


Fehr ist in der Schweiz längst kein Unbekannter mehr. Mit „florafutura – Die Zukunftsgärtnerei“ setzt er auf umweltbewusste, klimaangepasste Pflanzenproduktion. Sein Ziel ist klar: Artenvielfalt stärken, Ökosysteme widerstandsfähiger machen und Lebensräume für Mensch und Tier schaffen.


Fehr kritisiert, dass die Debatte über heimische und nicht-heimische Pflanzen häufig stark von einem botanischen Blick geprägt ist – also von Fachleuten, die vor allem die historische Flora bewahren möchten.

Aus ökologischer Sicht sei jedoch entscheidend, wie gut sich eine Art funktional in ein Ökosystem einfügt:

– Welche Rolle übernimmt sie?

– Welche Tiere profitieren?

– Stabilisiert sie das System unter neuen Klimabedingungen?


Viele nicht-heimische Arten werden seiner Ansicht nach fast ausschließlich auf mögliche Risiken geprüft – die potenziellen Vorteile bleiben dagegen oft unerforscht.


Aktuell gilt die Faustregel: heimisch ist, was vor 1492 (Entdeckung Amerikas) bei uns wuchs. Fehr bezeichnet diese Grenze – völlig zu Recht – als kulturelle, nicht ökologische Definition. Denn:

  • Pflanzen und Tiere wanderten schon immer ein, wenn das Klima es zuließ.

  • Zahlreiche Arten verschwanden während der letzten Eiszeit aus Mitteleuropa und kehren erst langsam wieder zurück.

  • Der Klimawandel verschiebt Areale erneut – nur diesmal schneller.


Unstrittig ist: Japanischer Staudenknöterich bleibt invasiv. Auch Pampasgras kann in bestimmten Regionen Schwierigkeiten bereiten – wie Dr. Folko Kullmann betonte.


Gleichzeitig weist Kullmann darauf hin, dass selbst heimische Arten inzwischen Probleme schaffen: Efeu etwa nutzt die milden Winter und wuchert heute vielerorts fast ganzjährig.


Besonders spannend: Die in der Schweiz verbotene Hanfpalme (Trachycarpus fortunei) zeigt im Tessin eine zunehmende ökologische Vernetzung. Inzwischen gibt es sogar einen Gegenspieler – eine Mottenart, die sich auf sie spezialisiert hat. Ein Hinweis darauf, dass Ökosysteme dynamischer reagieren, als oft angenommen.


Fehr nennt weitere Beispiele: Die als besonders trockenheitsresilient geltende Flaumeiche funktioniert in manchen Schweizer Wäldern bereits nicht mehr zuverlässig. Klimaresilienz ist also kein statisches Etikett – sie muss regional und funktional bewertet werden.


Mit seiner Zukunftsgärtnerei setzt Fehr klar auf Arten, die den kommenden Bedingungen gewachsen sind – heimische, paläonative und ausgewählte nicht-heimische Pflanzen.

Seine Botschaft ist eindeutig:


Nicht die Herkunft entscheidet, sondern die ökologische Leistung.


Und eines machte er ebenfalls deutlich: Herbizide und Pestizide schädigen unsere Ökosysteme weit mehr als die meisten nicht-heimischen Pflanzen.

 
 
 
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